Das Angebot in der Rottweiler Markthalle steht erneut vor Veränderungen. So wird das Café-Hexenhäuschen mit dem mittelalterlichen Namen „Suesze Lekkerey“ abgebaut, die Inhaberin zieht in den Kreis Tuttlingen. In die Markthalle will stattdessen ein alter Bekannter eine Cafébar samt Knabbereien integrieren. Und „Mundwerk“, das bisher in der Nägelesgrabenstraße angesiedelte Restaurant für türkische und internationale Küche, wechselt dem Vernehmen nach ebenfalls in das altehrwürdige Gebäude in der Wilhelmstraße.
Der große Umbruch hat schon stattgefunden, er kam nach Corona. Die Markthalle mit ihren Fastfood-Ständen sei damals in keinem guten Zustand mehr gewesen. Das sagt der Betreiber selbst, Jens von Stamm. Ihm gehört das Gebäude, er ist der Vermieter, aber seit langem auch der Kümmerer. Er hat im vergangenen Jahr den Neustart gewagt und gemeinsam mit Jürgen Schwalb, der zuletzt erfolgreich seinen Bauernmarkt in der Altstadt betrieben hat, eine Markthalle 2.0 aufgebaut, die im April 2024 öffnete. Beteiligt war Andreas Häfner, Innenarchitekt aus dem Rottweiler Neckartal und Ideengeber für ein neues Konzept. Gemeinsam schufen sie, wie von Stamm vor dem Umbau ankündigte, eine Markthalle mit zwei Imbissständen. Mit einem Marktplatz in der Mitte, mit Bistrotischen und Stühlen und den Geschäften drumherum“. Die beiden Imbisse sind bis zum heutigen Tag das „Potpourri“ von Jeannette Völker, die ein Bistro-Café betreibt, das vor allem für seinen Mittagstisch bekannt ist. Und die „Suesze Lekkerey“ von Yvonne Steeb, die vor allem genau das anbietet: süße Leckereien.
Ein gewisser Groll
Damit ist aber bald Schluss, Steeb kehrt der Markthalle den Rücken. Und zwar auf den ersten Blick mit einem gewissen Groll. So erklärt sie ihren Kundinnen und Kunden gegenüber auf der Facebook-Seite der „Lekkerey“, man habe mit ihr ein Exklusivangebot für Kaffee und Kuchen vereinbart und nicht eingehalten. Dadurch sei es zu einer „unfairen Wettbewerbssituation und enormen Umsatzeinbußen für mich“ gekommen, schreibt sie weiter. Das wolle sie nicht mehr dulden und in der Folge ein eigenes kleines Café aufmachen. Der NRWZ gegenüber bestätigte Steeb das am Mittwoch auf Nachfrage, auch, wohin es sie nun zieht: in den Kreis Tuttlingen, nach Seitingen-Oberflacht. Mehr wollte sie nicht erklären, auf Facebook habe sie bereits alles gesagt.

Kieler Ruhe
Nichts dazu sagte bislang Jens von Stamm, ihr bisheriger Vermieter in der Markthalle. Im lockeren Gespräch vor Ort sagt er am Mittwoch zur Veröffentlichung Steebs auf Facebook: „Dieses Statement finde ich ein bisschen lächerlich.“ In den Pachtverträgen stehe, dass niemand ein Recht auf Sortimentsschutz hat. „Du hast immer Überschneidungen“, erklärt von Stamm. „Wenn Du Dich auf einen Sortimentsschutz einlässt, hast Du nur noch Krieg.“ Er hatte mal so eine Regelung, erzählt er weiter, anfangs. Aber „das war ein Riesenfehler“. Auf Facebook wolle er Steebs Aussage nicht kommentieren. „Du kannst ja sowas nicht im Internet aufdröseln“, sagt er. Dabei strahlt der 62-jährige gebürtige Kieler die für ihn typische nordische Ruhe aus. Er ergänzt, dass er „niemals zwei Cafés reinnehmen würde. Aber gewisse, kleinere Überschneidungen sind nicht zu vermeiden.“ Es scheint durch, dass er glaubt, dass die „Lekkerey“ damit hätte klarkommen müssen, ihr Wegzug nicht an den Voraussetzungen liege, die die Markthalle bietet.
Häfner übernimmt
Nun, für „Lekkerey“-Betreiberin Steeb ist der Zug abgefahren. Sie wird ihr Hexenhäuschen, mit dem sie gekommen ist und in dem sie ihre Leckereien angeboten hat, abbauen. Den Standplatz in der Halle links soll dann aber rasch wieder ein Café einnehmen – eine Espresso-Bar nach italienischem Vorbild. Ihr künftiger Betreiber heißt Andreas Häfner, der die aktuelle Markthalle ja schon konzipiert hat. Häfner betreibt bereits einen der weiteren Stände in der Markthalle: das „Sinneskontor“, das Feinkost und Dies und Das anbietet – und den Vergleich mit ähnlichen Einzelhändlern etwa in Stuttgart-Mitte nicht zu scheuen braucht.
Das weitere Angebot
Daneben gibt es in der Markthalle die Angebote des Harzwaldhofs, frische Kartoffeln und – bald – einen Obst- und Gemüsestand, die „Schätze der Bodenseeprodukte“, so die Eigenwerbung, von „Seefeines“, die in Schramberg ansässig sind. Und eben das „Mundwerk“, das Restaurant für türkische und internationale Küche, das einen größeren Stand in der Markthalle beziehen wird. Die Handwerker arbeiten bereits daran. Das Mundwerk könne in der Wilhelmstraße auf ein anderes Publikum hoffen als am Nägelesgraben, so von Stamm. Dort fehle dem Restaurant „das Mittagspublikum, das wir hier doch mehr haben, das Laufpublikum“, so der Hallenbetreiber. „Hinter der Stadt“ gebe es Wohngebiete, „hier sind die Behörden und Schulen“. Den Mittagstisch soll es dann parallel zum „Potpourri“ geben, das diesen schon erfolgreich anbietet.
Häfners Espresso-Bar werde im September 2025 eröffnen, sagt dieser. Vermieter von Stamm glaubt, dass dieses neue Café gut zur „Blumenbinderei“, dem wohl widerstandsfähigsten Angebot in der Einzelhandels-Halle, passe. Beide lockten dieselbe Kundschaft an. Unter „mehreren Bewerbern“, so der Vermieter, habe er sich für seinen langjährigen Weggefährten und Geschäftspartner Häfner entschieden.
Wieder profitabel
Laut von Stamm ist seine Markthalle damit weiter auf einem guten Weg. 200.000 Euro habe er in den Umbau nach Corona gesteckt, in die Marktatmosphäre, die Schirme, das Drumherum. Allerdings habe er auch die Mieten etwas erhöhen können. Inzwischen arbeite das Unternehmen „Markthalle Rottweil“ wieder profitabel.
Im Übrigen schaut von Stamm offenbar immer nach vorne. In Bezug auf die „Suesze Lekkerey“ sagt er: „Wenn jemand aufhören will, schaue ich, dass er so schnell wie möglich raus kann.“ Es sei „ja in niemandes Interesse, wenn jemand länger drinbleibt, als er möchte, wenn er gezwungen wird.“
Info: Mehr über die Markthalle Rottweil und ihr Angebot hier.